Die Lüftung des Das/dass‑Geheimnisses

Es gibt wahrlich Schlimmeres, als den Unterschied zwischen das und dass nicht zu kennen. Nehmen wir etwa einen Beinbruch. Mit etwas Pech kann er zu einer ziemlich komplizierten Angelegenheit werden. Auch Schulterbrüche haben es in sich – nämlich das Potenzial, Betroffene monatelang außer Gefecht zu setzen. 

 

Doch es gibt noch viel mehr Katastrophen, vor deren Angesicht eine kleine orthografische Unzulänglichkeit bis hin zur Bedeutungslosigkeit verblasst. Ich will keine schlechte Stimmung verbreiten, aber schon mal daran gedacht, was Pandemien im bislang gemütlich plätschernden Alltag anrichten?

Wann schreibt man das, wann dass? Hier wird das Geheimnis gelüftet

Quarantäne, Lockdown, Zwangspause sind da noch die kleinsten Übel. Doch schon dieses Trio verschiebt die Perspektive.

Spontanes Treffen mit den Jungs? Vergessen Sie’s. Kurz in die Stadt, neues Shirt besorgen? Von wegen.

Was also tun mit der zwangsverordneten Leere? Mal was total Absurdes angehen? Belanglose Wissenslücken stopfen beispielsweise? Was kann schon passieren?

 

Durchaus eine Kleinigkeit. Nehmen wir doch gleich das Das/dassMysterium. Erinnern Sie sich an den irritierten Blick der Person Ihrer allergrößten Zuneigung, nachdem Sie ihr den Zettel mit der liebevollen Offenbarung Schön, das es dich gibt! zugesteckt haben?

 

Tja. Gleich werden Sie wissen, was es mit der rätselhaften Reaktion auf sich hatte. Dauert auch nur fünf Minuten.

Das Wörtchen »das«

Das taucht entweder als Artikel oder als Pronomen auf. Es steht immer in Verbindung mit einem Substantiv (Hauptwort) oder mit einem substantivierten Verb, Adjektiv oder mit einer sonstigen Substantivierung. 

 

a) Das als Artikel

 

Mit Substantiv:

Das Kleid habe ich verschenkt.

Das Haus würde ich gerne von innen ansehen.

Das Linsengericht schmeckte aromatisch.

Das Theaterstück war total witzig.

 

Mit substantiviertem Verb: Das Zeichnen ließ ihn alles vergessen.

Mit substantiviertem Adjektiv: Das Grün der Wiese verblasste allmählich.

 

b) Das als Pronomen (Fürwort)

 

In diesem Fall wird ein Substantiv durch das als Relativ‑ oder Demonstrativpronomen ersetzt beziehungsweise stellvertretend verwendet. Oft leitet es einen Nebensatz ein, der das Hauptwort näher erläutert.  

 

Das Kleid, das ich noch nie leiden konnte, habe ich verschenkt.

Das Haus, das ich gestern entdeckt habe, würde ich gerne von innen ansehen.

Das Linsengericht, das furchtbar aussah, schmeckte aromatisch.

Das Theaterstück, das wir gestern angesehen haben, war total witzig.

 

Das Zeichnen, das ihm schon in der Schule Spaß gemacht hatte, wurde zu seinem Beruf.

Das Grün, das die Wiese noch letztes Wochenende gezeigt hatte, war jetzt merklich blasser. 

Das Wörtchen »dass«

Das und dass – irgendwie Verwandte, dicke Freunde oder so?

Keineswegs. 

Dass hat mit das rein gar nichts zu tun.

Weder sinngemäß noch grammatikalisch.

 

Dass ist eine Konjunktion, auch Bindewort genannt. Und was wird verbunden? Satzteile, Sätze und Wörter. Sodass sie zu einer logischen Einheit werden. In der Praxis geht es bei dass meist um einen Nebensatz, der harmonisch eingefügt wird – direkt nach einem Komma. Dass kann auch am Satzanfang stehen.

  • Dass ich das Kleid verschenkt habe, bereue ich keineswegs.
  • Hat sich gelohnt, dass ich das ekelhaft aussehende Linsengericht probiert habe – schmeckte echt aromatisch.
  • Ein Glück, dass wir das Theaterstück angesehen haben! Es war total witzig.

Das oder dass? Einfacher Test hilft aus der Patsche

 

Wenn das das Wörtchen der richtigen Wahl ist, kann es durch welches, jenes oder dieses ersetzt werden. Oder umgekehrt: Dass kann durch welches, dieses oder jenes nicht sinnvoll ersetzt werden.

 

Achtung, Achtung!

 

Das gilt für den sinngemäßen Ersatz und dient als Merkhilfe.

 

Rein stilistisch klingt der Austausch von das durch welches gestelzt und ungeschickt. 

Zudem ist welches veraltet – nur im hier behandelten Zusammenhang, versteht sich. Als Fragewort in »Welches Eis hättest du denn gerne?« trifft das selbstverständlich nicht zu.

 

Vom Stil her befinden wir uns also auf ganz dünnem Eis:

  •  Das Kleid, welches ich noch nie leiden konnte, habe ich verschenkt. 
  • Das Linsengericht, welches furchtbar aussah, schmeckte aromatisch. 

Schlimm, oder? Wer spricht denn so? Merke: Das Geschriebene weicht im Idealfall nicht wesentlich vom Gesprochenen ab, sonst wirkt es leicht affektiert, gekünstelt und tatsächlich sogar unseriös (das, was die Verfasser solcher Werke oft gerade vermeiden wollten). 

 

Das Wörtchen welches ist zwar zum Testen klasse, selten jedoch als Ersatz des Pronomens das.

 

Ausnahmen bestätigen die Regel: 

  •  Das Kleid ist das, das das Mädchen schon gestern anhatte.

Huch! Dreimal das hintereinander klingt dann doch nach Rudelbildung und die Benutzung von welches ist hier gewiss kein Fehler. 

  •  Das Kleid ist das, welches das Mädchen schon gestern anhatte.

Und trotzdem – mir gefällt welches auch hier nicht. Vermutlich würde ich einfach den Satz anders formulieren:

  • Das Kleid hatte das Mädchen schon gestern an.

Gilt auch für den Einsatz von welche oder welcher als Ersatz für die oder der:

  • Da drüben stehen die, die die Bergspitze erklimmen wollen. Hm. 
  • Also doch: Da drüben stehen die, welche die Bergspitze erklimmen wollen.

Auch nicht toll. Besser anders formulieren:

  • Da drüben stehen die Mutigen, die den Gipfel erklimmen wollen.

(Zugleich bringen die Mutigen ein bisschen Kopfkino in die Sache, denn da stehen ja nicht irgendwelche Leute, sondern jene mit halsbrecherischen Plänen, die ganz nach oben wollen, dorthin, wo die Luft echt dünn ist – und wer weiß, ob nicht bald das Wetter umschlägt ...?)

Übrigens wird dass stets mit zwei s geschrieben; die frühere Schreibweise daß existiert nicht mehr. Auch diesbezüglich die Kreativität und den Wunsch nach Abwechslung bitte anderweitig ausleben. 

 

So, jetzt wissen Sie, was es mit dem Das/dass‑Geheimnis auf sich hat(te).

Hat doch gar nicht wehgetan, oder? Und bei Ihrer nächsten Zuneigungsbekundung unterläuft Ihnen gewiss keine Panne mehr! 



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